FDP-Warendorf im Glocke-Interview

Im Gespräch mit  Christoph Ackfeld (Die Glocke): Dr. Beate Janinhoff, Vorsitzende der FDP-Fraktion, will Prioritäten setzen: Hallenbad- und Kitaausbau sollten ebenso wie eine Entwicklung des Brinkhaus-Areals Vorrang haben. Auf der Emsinsel kann sie sich eine Markthalle vorstellen. 

Markthalle eine Option für die Brinkhaus-Brache

„Die Glocke“: Sollte sich Warendorf für eine LGS im Jahr 2029 bewerben?

Janinhoff: Nein. Eine erneute Bewerbung wäre viel zu arbeitsintensiv. Wir sind mit Projekten in die Bewerbung gegangen, die jetzt auch in das Integrierte Stadtentwicklungskonzept einfließen. Was sollen wir jetzt noch warten? Wir haben dringlichere Probleme, als jetzt noch einmal eine Bewerbung für eine LGS zu stemmen.

„Die Glocke“: Welche sind das?

Janinhoff: Die Emsinsel. Wir sollten diese Insel endlich von den Altlasten befreien. Wir wissen doch noch gar nicht, was uns noch erwartet. Es hat Probebohrungen auf den unbebauten Teilen des Grundstücks gegeben. Was unter den Hallen ist, wissen wir nicht. Und dann sollten wir das Areal nach den Vorgaben der Warendorfer Position entwickeln. Wir haben so lange um diese Position gerungen. Wir sollten jetzt nicht mehr ewig diskutieren, sondern müssen zu Potte kommen.

„Die Glocke“: Was sollte konkret umgesetzt werden?

Janinhoff: Ein Muss sind der zentrale Platz, ein Hostel und eine moderate Bebauung. Ich finde nicht, dass man so ein Grundstück nur mit Mehrfamilienhäusern zubauen muss. Ich könnte mir vorstellen, einen Teil für Einfamilien- oder Doppelhäuser zu nutzen. Es sollte ein gemischtes Gebiet entstehen. Und dann habe ich noch eine Idee: eine Markthalle.

„Die Glocke“: Können Sie das erklären?

Janinhoff: In Frankreich gibt es in vielen Städten Markthallen. Ich habe dort eine gesehen, die in einem schönen alten Gebäude untergebracht war. Dort war morgens Markt mit regionalen Produkten. Am Rand der Halle waren feste Stände. Nachmittags fanden kulturelle Veranstaltungen statt. Nehmen wir mal an, die Stadt schafft so etwas auf dem Brinkhaus-Areal: Sie könnte Standmieten einnehmen und gleichzeitig auch Raum für Events am Nachmittag und Abend schaffen. Theoretisch könnte der Stadtrat dort tagen.

Park-Leit-System muss her

„Die Glocke“: Könnte diese Markthalle gleichzeitig auch eine Stadthalle sein?

Janinhoff: Das glaube ich nicht. Für große Veranstaltungen würde sie sich nicht eignen. Allein schon aus Lärmschutzgründen.

„Die Glocke“: Benötigt Warendorf eine Stadthalle?

Janinhoff: Jein. Wenn man sie nur nutzt für die Prinzenproklamation oder ein Schützenfest, benötigt man keine Halle. Wenn aber eine breitere Nutzung möglich ist, dann ja. Ich denke an Abi-Feten oder an Hochzeiten. Wenn wir eine bauen lassen – die Stadt sollte das nicht selbst machen–, könnte ich mir eine Kooperation mit Sassenberg vorstellen. Aber dafür müsste man ein Grundstück haben, auf dem der Bau so einer Einrichtung möglich ist. Einfach wird das nicht. Aber in der Stadt werden wir mit Blick auf den Lärmschutz kaum ein Grundstück finden.

„Die Glocke“: Die Grünen fordern, die Altstadt für Autofahrer von außerhalb zu sperren. Was halten Sie von der Idee?

Janinhoff: Es muss was getan werden, das sehe ich auch. Es muss ein anständiges Park-Leit-System her. Aber alle Autos – von Anwohnern abgesehen – aus der Innenstadt zu vertreiben, davon halte ich nichts. Nehmen wir das Beispiel Arztpraxen, die nur in Notfällen mit dem Auto angefahren werden dürfen: Das geht gar nicht. Die ältere Dame, die den Blutdruck kontrollieren lassen will, ist kein Notfall. Aber ihr kann man nicht zumuten, vom Rand der Altstadt aus zu laufen.

„Die Glocke“: Aber könnte nicht weniger Autoverkehr zu mehr Attraktivität in der Innenstadt führen?

Janinhoff: Fragen Sie mal die Einzelhändler. Die sehen das anders. Wenn so eine Stadt verkehrstechnisch tot ist, leidet der Handel. Es kommen auch viele aus den Ortsteilen und den umliegenden Kommunen nach Warendorf. Wenn die Innenstadt zu einem Museumsdorf wird, dann wird es schwierig.

„Die Glocke“: Muss nicht Mobilität auch stärker aus der Sicht von Fußgängern und Radfahrern gedacht werden?

Janinhoff: Grundsätzlich muss man alle Verkehrsteilnehmer im Blick behalten. Aber im Grunde genommen kommt man doch hier in Warendorf gut zurecht. Das Angebot ist doch nicht schlecht. Wir sind in der Innenstadt gut aufgestellt. Nur einen Punkt würden wir als FDP gern ändern.

„Die Glocke“: Welchen?

Janinhoff: Die Situation auf dem Markt. Radfahrer, die von der Ems kommen, sollten nicht zwischen In Mezzo und Extrablatt sowie der Außengastronomie hindurchfahren dürfen, sondern stattdessen um die Gastronomie herum. So wie es derzeit ist, kann es aus unserer Sicht nicht bleiben. Das ist gefährlich.

Investoren ins Boot holen

„Die Glocke“: Auf die Stadt kommen in den nächsten Jahren ganz vielfältige Aufgaben zu: Revitalisierung der Brinkhaus-Brache, neue Kindergärten, der Bau eines neuen Feuerwehrgerätehauses und ein neues Hallenbad. Mutet sich die Stadt nicht zu viel zu? Schon jetzt gelingt es mangels Personals im Rathaus nicht, alles zeitnah umzusetzen, was der Rat beschließt.

Janinhoff: Wir müssen es schaffen. Aber wir werden Prioritäten setzen müssen. Die Verwaltung sollte personell anders aufgestellt werden. Wir haben gerade im Baubereich eine hohe personelle Fluktuation. Das meine ich gar nicht als Kritik. Aber wir sollten uns Gedanken machen, welche Anreize nötig sind, damit die Menschen gern dauerhaft bei der Stadt Warendorf arbeiten. Da werden wir auch Geld in die Hand nehmen müssen. Vielleicht können wir im Gegenzug das Geld für das eine oder andere Gutachten einsparen. Davon gibt es viel zu viele. Und für den Bau eines neuen Kindergartens muss nicht gleich ein Architektenwettbewerb auslobt werden.

„Die Glocke“: Welche Prioritäten wollen Sie denn setzen, wenn nicht alles zeitgleich geht?

Janinhoff: Die Entwicklung des Brinkhaus-Areals ist selbstverständlich. Das neue Feuerwehrgerätehaus sollte zügig gebaut werden, damit auf der Emsinsel Platz geschaffen wird. Wichtig ist mir das neue Hallenbad, das ja eine Idee der FDP gewesen ist. Ich weiß, dass das teuer wird. Aber wir müssen Kindern die Möglichkeit bieten, schwimmen zu lernen. Und dann müssen wir bei den Kindergärten vorankommen. Wir sollten private Investoren ins Boot holen, die die Gebäude bauen. Ich kenne Warendorfer, die bereit werden, eine Kita zu bauen und dann zu vermieten.

Photovoltaik in Altstadt? „Satzung überarbeiten“

„Die Glocke“: Reden wir über Energie: Sollten die Stadtwerke Fernwärmenetze bauen?

Janinhoff: Wenn es wirtschaftlich darstellbar ist, auf jeden Fall. Wir brauchen alternative Geschäftsfelder, weil das Gas langfristig wegfallen wird. Der Bau so eines Netzes ist erst einmal teuer. Ein Fernwärmenetz im Schulviertel zu bauen und auch das neue Hallenbad anzuschließen, ist kein Akt. Aber in der Altstadt wird es schon schwieriger. Allein weil alle Straßen einmal aufgenommen werden müssen, um die Leitungen zu verlegen. Was ich mir davon unbenommen gut vorstellen kann, ist Photovoltaik in der Altstadt. Wir sollten die Altstadtsatzung entsprechend überarbeiten.

„Die Glocke“: Sie können ein Projekt Ihrer Wahl direkt umsetzen – ohne Rücksicht auf Zuständigkeiten und Geld nehmen zu müssen. Welches wählen Sie?

Janinhoff: Hallenbad oder Kitas? Ich nehme das Hallenbad. Das ist das Steckenpferd der FDP.